„STIFTUNGEN SIND VERANKERUNG. NACHHALTIGKEIT. INNOVATION.
STIFTUNGEN SIND ÖSTERREICH.“
Einladung zur 24. Generalversammlung des Österreichischen Stiftungsverbands.
Geschätzte Mitglieder des Österreichischen Stiftungsverbands, wir freuen uns, Sie zur 24. Generalversammlung des Österreichischen Stiftungsverbands am 20.06.2022, 18:00 Uhr einladen zu dürfen.
Details entnehmen Sie bitte diesem Link: Einladung und Tagesordnung
Ukraine-Hilfe unter dem Dach der Privatstiftung
Die dramatische Lage in der Ukraine lässt niemanden unberührt. Über drei Millionen Menschen sind auf der Flucht. Die im Land zurückgebliebene Bevölkerung ist verzweifelt und die Infrastruktur zu einem großen Teil zerstört.
In dieser Kriegssituation Verantwortung zu übernehmen und zu helfen, ist vielen ein persönliches Anliegen – und tut bitter Not. In der Gemeinsamkeit liegt die Kraft, die es nun braucht, um das Leid der Betroffenen zu lindern. Wir alle können hier helfen.
Schon Seneca wusste, dass Schenken einen klaren Blick benötigt und keine leichte Sache ist. Daher möchten wir Sie auf einige Plattformen aufmerksam machen, über die Sie rasch handeln können. Was die Geflüchteten jetzt brauchen, ist ein Dach über dem Kopf, warmes Essen, Gewand, Internetverbindung, …
Jene, die das professionell bewerkstelligen, können wir unterstützen. Beispielsweise seien hier genannt:
- Österreichisches Rotes Kreuz
- Caritas
- UNICEF – Unterstützung von ukrainischen Kindern und ihren Familien
- Nachbar in Not
- SOS Kinderdorf
- Ute Bock Flüchtlingshilfe
- Immo Hilft
- An alle, die Hotels, Pensionen oder andere Unterkünfte betreiben: Wer ein Zimmer frei hat, meldet sich bei: ukraine@1hotel1family.eu
Sollten Sie weitere Hilfsorganisationen oder Plattformen kennen, die in unserem Kreis genannt sein könnten, bitten wir Sie um Rückmeldung via E-Mail.
Geschätzte Mitglieder der Stifterfamilien und Stiftungsvorstände, es geht in diesen anspruchsvollen Zeiten um Menschen in unserem vereinten Europa, das ein neues Bewusstsein und eine Wiederbelebung des europäischen Gedankens erlebt. Das ist etwas Gutes in dieser schrecklichen Situation.
Bitte helfen Sie mit, die Dinge zum Guten zu wenden.
Das Stiftungsrecht ist mit der Realität im Widerspruch – und muss reformiert werden
15.03.2022
2023 wird das österreichische Privatstiftungsgesetz dreißig Jahre alt. Die (Kurz)Geschichte der Privatstiftung in Österreich ist eine Erfolgsgeschichte.
Das Stiftungsrecht ist mit der Realität im Widerspruch - und muss reformiert werden
2023 wird das österreichische Privatstiftungsgesetz dreißig Jahre alt. Die (Kurz)Geschichte der Privatstiftung in Österreich ist eine Erfolgsgeschichte. Zwei Drittel der Privatstiftungen halten unternehmerisches Vermögen. Dazu zählen zahlreiche Familienunternehmen und bedeutsame privat geführte Unternehmen. Das Funktionieren der Privatstiftung ist daher von herausragender Bedeutung für die darin zusammengefassten Unternehmen und Unternehmensgruppen und damit für die (gesamt)österreichische (Volks)Wirtschaft.
Die Reform betrifft über 3.000 Privatstiftungen. Als leistungsstarke Rechtsform trägt jede Privatstiftung zum Wohl der österreichischen Wirtschaft und Gesellschaft mit der Förderung unternehmerischer Stabilität bei, schützt Unternehmen vor internationalen Zugriffen und Zersplitterung und ist der stabile Anker von Arbeitsplätzen in Österreich und Innovation als Antrieb für mehr Nachhaltigkeit.
Nach dem aktuellen Regierungsprogramm ist die Reform und Attraktivierung des Privatstiftungsrechts im internationalen Vergleich, explizit die Stärkung der Begünstigtenstellung, ein verantwortungsvolles Vorhaben in der laufenden Legislaturperiode. Das kommende Jubiläum ist der ideale Zeitpunkt um im Stiftungsrecht nach breiten Erfahrungen zu Generationenwechsel, über Alter und Krankheit stiftungsrelevanter Betroffenen bis zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer weltweiten Pandemie notwendige Anpassungen vorzunehmen.
Der Österreichische Stiftungsverband hat im Jahr 2021 mit der Erstellung praxisnaher, wissenschaftlich geprüfter Reformvorschläge begonnen, die er nun auf den Tisch legt. Grundlage aller Überlegungen ist neben der Expertise ausgewiesener Wissenschaftler:innen der laufende, vornehmlich der Praxis gewidmete Austausch mit den Verbandsmitgliedern.
Bei der am 1. Februar 2022 vom ÖStV veranstalteten Online-Diskussion, an der sich Stifter:innen, Stiftungsvorstände und hochkarätige Expert:innen beteiligten, wurde deutlich, dass vor allem in den ersten Jahren des Bestehens der Rechtsform Privatstiftung Gestaltungen gewählt wurden, die sich heute in diverser Weise als unpassend herausstellen und einer Reparatur bedürfen. Dazu kommen die ultimative Versteinerung der Privatstiftung, wenn Stifter:innen nicht sachgerecht vorgesorgt haben, und eine zermürbende Rechtsunsicherheit in wesentlichen Fragen der Governance der Privatstiftung. Und eine große Zahl von Stifter:innen fühlt sich in der Rechtsform Privatstiftung zwangsjackenhaft eingesperrt.
Die zivilrechtlichen Vorschläge des ÖStV sind:
- Dauerhafte Sicherung des Funktionierens der Privatstiftung durch die Stifterfamilie als wirtschaftlich Interessierte durch klar geregelte Mitwirkungsbefugnisse (echte Kontrollrechte, Zustimmungsrechte, etc). Dadurch werden bestehende strukturelle Kontrolldefizite gemindert.
- Einmalige Sanierungsmöglichkeit der maßgeblichen Stifterreche, die binnen einer Frist genutzt werden muss, um geänderten persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Verhältnissen (Generationenwechsel, familiäre Veränderungen, Wechsel von Unternehmensträgerstiftung zu Veranlagungsstiftung und umgekehrt) Rechnung zu tragen, und zwar unabhängig vom Bestehen einer Änderungsmöglichkeit durch den Stifter. Dazu soll der Stiftungsvorstand auch nach dem Tod der Stifter:innen und nach Erlöschen der Änderungsrechte in eingeschränktem Maß Änderungen der Stiftungserklärung vornehmen können, auch wenn die strengen Voraussetzungen der geänderten Verhältnisse nicht vorliegen, um die Organisationsregelungen der Privatstiftung (zB Schaffung eines Beirats, Neuzusammensetzung, Vergütungsregelung, ergänzende Vorsehung eines gemeinnützigen Zweckes) zu ändern.
Zur angepeilten Attraktivierung des Privatstiftungsrechts gehört auch die Möglichkeit, die Entscheidung der Errichtung einer Privatstiftung nach einiger Zeit überdenken und sich für eine andere Rechtsform entscheiden zu können. Von praktischer Bedeutung ist eine solche Regelung erst in Verbindung mit steuerlichen Begleitmaßnahmen, auf die zeitnah im ÖStV noch gesondert eingegangen werden wird.
Lehrgang „Familienunternehmen und Vermögensplanung (LL.M.)
10.03.2022
Der Österreichische Stiftungsverband ist Kooperationspartner des von Herrn Univ.-Prof. Dr. Martin Schauer etablierten und geleiteten Universitätslehrganges „Familienunternehmen und Vermögensplanung (LL.M.)“ an der Universität Wien.
Nähere Informationen finden Sie unter https://www.postgraduatecenter.at/weiterbildungsprogramme/recht/familienunternehmen-und-vermoegensplanung/
WiEReG aus Sicht von Privatstiftungen
03.11.2021
Die Regelungen des WiEReG lassen das Bedürfnis nach Diskretion, wie es das PSG sehr wohl vorsieht, unberücksichtigt.
Der österreichische Gesetzgeber ermöglicht Einsichten, wie es andere Rechtsordnungen nicht zulassen.
Eine Anpassung an ausländische Standards ist daher dringend notwendig.
WiEReG aus Sicht von Privatstiftungen
von Frau RA Dr. Elisabeth Reiner, LL.M.
Rechtsanwältin bei DORDA Rechtsanwälte GmbH
I. Rück- und Ausblick aus der Sicht von Privatstiftungen
- Ungleichbehandlung der Privatstiftung?
Der internationale Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung resultierte 2018 – in Umsetzung der Vierten Geldwäsche Richtlinie der EU – in der Einführung eines Registers für wirtschaftliche Eigentümer („Register“). Dieses Register bedeutet für alle Unternehmen mit Sitz in Österreich sowie insbesondere für Privatstiftungen einen Paradigmenwechsel. Privat geführte Unternehmen sind plötzlich damit konfrontiert, ihre vollständige Eigentums- und Kontrollstruktur offenlegen zu müssen. Das wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz („WiEReG“) regelt, wer aller als wirtschaftliche Eigentümer anzusehen ist. Zielsetzung des Gesetzes ist es, möglichst alle Varianten, in denen Personen (mutmaßlich) Einfluss ausüben können, Offenlegungsregelungen zu unterwerfen. Letztlich geht es dem Gesetzgeber darum, die Eigentums- und Kontrollstrukturen zu kennen. Dies mag aus Transparenzgründen nachvollziehbar sein, angesichts der Tatsache, dass es sich bei den Betroffenen um private Unternehmen und Stiftungen handelt, muss aber die Verhältnismäßigkeit der Regelungen hinterfragt werden. Dies gilt insbesondere für Privatstiftungen, weil sich diese bereits aufgrund der gesetzlichen Konzeption von Gesellschaften unterscheiden.
Das Privatstiftungen nach dem Privatstiftungsgesetz sind ein vom Stifter/der Stifterin gewidmetes Vermögen, das einem bestimmten vom Stifter/der Stifterin bestimmten Zweck dient. Privatstiftung haben von ihrem Grundgedanken her keine wirtschaftlichen Eigentümer. Auf Basis des Stiftungszwecks erfolgen Ausschüttungen an die Begünstigten. Den Begünstigten selbst kommen jedoch keine Einflussrechte zu, die mit der Stellung von wirtschaftlichen Eigentümern von Gesellschaften vergleichbar wären. Es stellt sich daher die prinzipielle Frage, ob die Meldung von Begünstigen als wirtschaftliche Eigentümer überhaupt sachgerecht ist und nicht vielmehr zu einer Ungleichbehandlung von Privatstiftungen führt.
- Öffentliche Einsicht und Antrag auf Einschränkung der Einsicht
Das WiEReG schützt Begünstigte nur insoweit, als deren Privatadressen in Auszügen aus dem Register nicht angezeigt werden. Trotzdem nennt das Register Begünstige namentlich. Dies gilt auch für öffentliche Auszüge gemäß § 10 WiEReG. Die im letzten Jahr eingeführte öffentliche Einsicht in das Register – ohne die Notwendigkeit eine Einsicht begründen zu müssen – hat zu Recht erneut die Frage der Verhältnismäßigkeit des Registers aufgeworfen.
Das WiEReG bietet zwar mit dem § 10a die Möglichkeit, einen schriftlichen Antrag für eine Einschränkung der Einsicht zu stellen, dieser ist jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft. Nur für minderjährige und geschäftsunfähige wirtschaftliche Eigentümer ist von Gesetzes wegen eine Einschränkung vorzunehmen. Eine erfolgreiche Antragstellung erfordert einen Nachweis, dass der wirtschaftliche Eigentümer einem unverhältnismäßigen Risiko ausgesetzt ist, Opfer von bestimmten (abschließend aufgezählten) Straftaten zu werden. Die Straftaten (wie Mord, Betrug oder erpresserische Entführung) wurden aus der Vierten Geldwäsche Richtlinie abgeleitet. Unklar ist jedoch, weshalb beispielsweise Raub nicht zu den aufgezählten Straftaten zählt.
Hinsichtlich der genauen Auslegung des § 10a WiEReG sind noch viele Fragen offen, die höchstgerichtlich zu klären sind. Beispielsweise sollte auch ein Stifter/eine Stifterin einen Antrag gemäß § 10a WiEReG stellen können. Allerdings ist diese Personengruppe aus der Urkundensammlung (der Stiftungsurkunde) des Firmenbuchs ersichtlich. Es ist daher fraglich, ob ein solcher Antrag von der Registerbehörde bewilligt werden würde.
Die Registerbehörde legt den § 10a WiEReG restriktiv aus. Aktuell sind mehrere Verfahren (Bescheidbeschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde) vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig. Eine abschließende Klärung ist erst auf Basis der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu erwarten.
II. Neuerungen 2020
Seit diesem Jahr ist es erforderlich, dass einmal im Jahr die gemeldeten Daten bestätigt werden oder eine Änderungsmeldung gemacht wird. Bislang war es ausreichend, wenn intern die Eigentums- und Kontrollverhältnisse überprüft werden. Eine Meldung war nur erforderlich, soweit Änderungen festgestellt wurden.
Zukünftig wäre zur Vermeidung bürokratischen Aufwandes wünschenswert, dass die Mitgliederdaten des Stiftungsvorstands (desen Mitglieder bekanntlich auch als wirtschaftliche Eigentümer gelten) automatisch auf Basis des Firmenbuchs aktualisiert werden. Dies würde eine administrative Erleichterung bedeuten.
Mit 10.11.2020 tritt das Compliance-Package (§ 5a WiEReG) in Kraft. Das Register bietet die freiwillige Möglichkeit, alle für die Feststellung und Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer notwendigen Dokumente direkt im Register abzuspeichern. Dieses Package an Dokumenten kann dann gezielt für bestimmte Verpflichtete (beispielsweise für die Hausbank) freigeschaltet werden. Das Compliance-Package muss von einem berufsmäßigen Parteienvertreter (zB einer Rechtsanwaltskanzlei) geprüft und hochgeladen werden. Für Privatstiftungen mit einer größeren Zahl an Geschäftsbeziehungen zu verschiedenen Verpflichteten (das sind insbesondere Kreditinstitute, RechtsanwältInnen, NotarInnnen) kann das Compliance-Package sinnvoll sein, um hier nicht ständig mit Anfragen hinsichtlich der wirtschaftlichen Eigentümer konfrontiert zu sein.
Für Privatstiftungen ist in diesem Zusammenhang kritisch, dass grundsätzlich die Stiftungszusatzurkunde zu den verpflichtend vorgesehenen Dokumenten gehört. Aufgrund der Vertraulichkeit des Inhalts kann statt der Stiftungszusatzurkunde (bei berechtigten Gründen; dies gilt auch für andere Dokumente) ein Aktenvermerk übermittelt werden. Dieser muss wiederum von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder bestimmten Dritten (zB einem Notar) angefertigt werden.
Aus Anlass des Compliance-Packages wird das BMF zudem eine Neufassung des Erlasses zum WiEReG veröffentlichen. Ob sich für Privatstiftungen das Compliance-Package in der Praxis bewährt, wird sich erst in einigen Monaten herausstellen.
Experten-Interview: „Die Privatstiftung als Nachfolgeinstrument für Familienunternehmen“
10.02.2022
„Welche Gründe oder Motive sprechen für ein (Familien-)Unternehmen für die Errichtung einer Privatstiftung?“ und „Gibt es eine Korrelation zwischen den angegebenen Motiven und des der Stiftung nachgeordneten Unternehmens?“.
Diese und weitere Fragen beantwortete die Präsidentin des Österreichischen Stiftungsverbands im Rahmen eines Experten-Interviews für die Bachelorarbeit des WU-Studenten Martin Neuhold.
Die Privatstiftung als Nachfolgeinstrument für Familienunternehmen
Angefragte Beiträge zur Bachelorarbeit „Die Privatstiftung als Nachfolgeinstrument für Familienunternehmen“ des Herrn Martin Neuhold, Student der Wirtschaftsuniversität Wien
Ein Familienunternehmen weist charakteristisch eine starke Verzahnung von Familie und Unternehmen auf. Bei einem Familienunternehmen geht es vordergründig nicht um Enterprise Value oder Equity Value, sondern um das Gewicht eines starken Identifikationsträgers, der wesentlicher Teil jeder Zukunftsplanung und existenzieller Gemeinschaftlichkeit ist. Es ist einerseits ökonomisch mit Blick auf seinen Marktumfeld zu begreifen und andererseits auf die Interessenslage des dahinterstehenden Familienverbundes bezogen und ist damit das Ergebnis der Co-Evolution zweier sozialer Systeme, die im Grunde genommen einer ganz unterschiedlichen inneren Logik folgen: Der Eigentümerfamilie einerseits und dem Unternehmen als einem bestimmten Typus von Organisation andererseits.[1] Naturgemäß wird das Familienunternehmen vor allem durch die Familie und ihre Werte geprägt. Hier liegt eine zentrale Ursache warum Familienunternehmen zur treibenden Kraft der Wirtschaft ihres Landes werden: Wenn Unternehmen von ihren Eigentümer geführt werden, dann sind diese in der Regel an der Substanz mehr interessiert es als am kurzfristigen Ertrag.[2]
Die Privatstiftung ist kein Unternehmen, auch nicht die Familienprivatstiftung.
In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum Bundesgesetz über Privatstiftungen (Privatstiftungsgesetz–PSG)[3] ist im Allgemeinen Teil die Stiftungsidee ausgeführt. Demnach liegt der Stiftung „der Gedanke zugrunde, daß mit einem „eigentümerlosen“ Vermögen ein bestimmter Zweck besser, zielstrebiger und auch dauerhafter verwirklicht werden kann, als wenn das Vermögen mit dem Schicksal des Stifters und dem seiner Rechtsnachfolger verbunden bliebe und etwa in eine Gesellschaft eingebracht würde, die von den Gesellschaftern beeinflussbar ist. Mit der Errichtung einer Stiftung soll daher die Verselbstständigung des Vermögens erreicht und dessen Verwendung an den einmal erklärten Willen des Stifters gebunden werden. Daraus ergeben sich gegenüber sonstigen juristischen Personen des Privatrechts Besonderheiten: Die Grundlage der Privatstiftung ist kein Vertrag, sondern eine einseitige Willenserklärung des Stifters; die Stiftung hat keine Gesellschafter; auch der Stifter verliert den Zugriff auf das Vermögen.“
Bei einem Familienunternehmen kann die Privatstiftung eine stabile und langfristige Kerngesellschafterin darstellen.
Beide haben dieselbe Kultur: Nachhaltigkeit, Stabilität und Kontinuität.
Fragen zum Österreichischen Stiftungsverband
- Der ursprüngliche „Verband Österreichischer Privatstiftungen“ („VÖP“) wurde 1997 gegründet und hat es sich zur Aufgabe gestellt, die Interessen von Privatstiftungen in der Öffentlichkeit und vor allem gegenüber dem Gesetzgeber zu vertreten und seine Mitglieder laufend über relevante Entwicklungen im rechtlichen und steuerlichen Bereich zu informieren.
- Mit der Neubesetzung des Vorstandes und Übernahme des Ehrenamtes als Präsidentin durch Frau Dr.in Leitner LL.M.[4] im Jahr 2019 ging eine Umfirmierung zum „Österreichischer Stiftungsverband“ (ÖStV) und Erweiterung der Interessensvertretung über privatnützige Stiftungen hinaus einher. Ein wichtiges Thema ist der gemeinnützige Stiftungszweck. In Österreich soll überdies nicht nur das Ansehen der Unternehmensträger- und Familienstiftung, sondern auch der betrieblichen Stiftung (Arbeitnehmerbeteiligungsstiftung), der Stiftung zur Erziehung, Bildung und Forschungsförderung sowie der Kulturstiftung vor den Augen der Öffentlichkeit und Politik gehoben werden.
- Im Zuge dessen kann der Österreichische Stiftungsverband die letzten Jahre auf eine steigende Mitgliederanzahl und rege Mitgliederinteraktion zurückblicken. Der Österreichische Stiftungsverband (kurz: „ÖStV“) hat heute circa 330 Mitglieder.
- Neben der Mitgliederakquise betreibt der Stiftungsverband interaktiv den Austausch mit seinen Mitgliedern zu aktuellen Themen im Zuge regelmäßiger Veranstaltungen und Aussendungen und informiert dabei auch über Neuheiten. Als Interessensvertretung beteiligt sich der ÖStV an externen Veranstaltungen, äußert sich zu Themen, die der Stiftungswesen betreffen, und arbeitet permanent an einer sachgerechten Positionierung des Stiftungswesens in der allgemeinen Öffentlichkeit. Stiftungen sind nämlich nicht nur vielfältig, sie sind für viele schwer fassbar. Stiftungen tragen erheblich dazu bei, dass die Menschen in unserem Land ein gutes Leben in einer interaktiven Umwelt haben.
- Überdies wird darauf hingewiesen, dass das Stiftungswesen eine Geschichte der Demokratisierung ist: Was früher eher eine exklusive Angelegenheit war, ist heute für alle Menschen offen, was durch die gesetzliche Verankerung der Mitarbeiterbeteiligungsstiftungen beeindruckend dargestellt wurde.
- Die Erfolgsgeschichte der Privatstiftungen als Unternehmensträgerinnen, die nachhaltige Investitionen in den Klimaschutz und die Digitalisierung mittragen, ist auch ein guter Teil der Lösungen der Herausforderungen aus den COVID-19 Pandemie.
- Als aktive Interessenvertretung positioniert der ÖStV seine wissenschaftlich geprüften Vorschläge für die längst fälligen Verbesserungen der stiftungs- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen und angrenzender Rechtsbereiche gegenüber Entscheidungsträgern.
Was ist ausschlaggebend dafür, dass sich (Familien-)Unternehmen für bzw gegen die Errichtung einer Privatstiftung entscheiden?
Ausschlaggebend für die Errichtung einer Privatstiftung können folgende Gründe und Motive sein:
- Der Stiftung liegt der Gedanke zugrunde, mit gestiftetem Vermögen einen bestimmten Zweck besser, zielstrebiger und auch dauerhafter verwirklichen zu können, als wenn das Vermögen mit dem Schicksal der Stifters*innen und deren Rechtsnachfolger*innen verbunden bliebe.
- Häufig haben Unternehmerfamilie der von ihnen gegründeten Familienprivatstiftung die Anteile an ihrem Familienunternehmen gewidmet. Dabei verfolgten sie den ausgefeilten Plan, ihr Unternehmen in eine nachhaltige Zukunft zu führen: Im Zentrum stehen der Erhalt und die Entwicklung des Unternehmens und die Versorgung der Familie. Die Privatstiftung als stabile, unaufgeregte Unternehmensträgerin bringt die Sicherung von organischem Wachstum, langfristiger Orientierung und Erhaltung und Ausbau nachhaltiger Ressourcen.
- Privatstiftungen bilden abseits des Erbrechts ein wichtiges Instrument für die Vermögensweitergabe. Das Erbrecht erfüllt eine Verteilungsfunktion: das Vermögen des Erblassers wird auf seine Familienangehörigen, den Ehepartner oder bestimmte sonstige Personen verteilt, womit oft ein Wertverlust für das so geteilte Vermögen verbunden ist. In Österreich gibt es nur im Anerbengesetz für Erbhöfe klare Regelungen, die im Erbgang einer wertvernichtenden Zersplitterung von Vermögen vorbeugen. Stiftung und das Stiftungsrecht verfolgen im Wesentlichen konzeptionell auch dieses Ziel. Dass das Vermögen in der Stiftung auch im Erbfall nicht geteilt wird, ist also ein häufiges Motiv für die Errichtung einer Privatstiftung.
- Zahlreiche von Privatstiftungen getragene Unternehmen nutzen diese Möglichkeit, um ihre Wettbewerbsfähigkeit entsprechend dem Stiftungszweck durch innovative Lösungsansätze, welche eine nachhaltige Entwicklung adressieren, zu stärken.
- Damit kann aber nicht nur die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens gesichert werden, sondern auch Produkt- und Prozessinnovationen, die beispielsweise einen effizienten Ressourceneinsatz brauchen. So wird auf lange Sicht ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der österreichischen Volkswirtschaft und darüber hinaus geleistet. Diese Argumente gelten für Unternehmer*innen, die sich zur Errichtung einer Privatstiftung als Familien-Privatstiftung entschlossen haben.
- Die Familienprivatstiftung ist die verbindende Klammer zwischen dem Familienunternehmen und der Familie. Zwar kann eine Stiftung einen Streit zwischen Nachkommen und/oder potentiellen Erb*innen nicht verhindern, sie ist aber in der Lage, das Vermögen – so auch das (Familien-)Unternehmen, das es ja auch unter der Stiftung bleibt – vor den Auswirkungen eines Streits zu schützen.
- Privatstiftungen sind diskret.
- Wenn mit einer Privatstiftung als Unternehmensträgerin Beteiligungen an einem österreichischen (Familien-)Unternehmen erfolgen, treffen zwei aus derselben Kultur zusammen: Sie sind verlässliche Partner der österreichischen Wirtschaft, die von der Fähigkeit zu langfristigem Denken und Handeln geprägt sind.
- Um nachhaltige Produkte zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, muss die Produktidee kosten- und zeitaufwendige Prozesse durchlaufen. Unter dem Dach einer auf Kontinuität ausgerichteten Privatstiftung finden innovative Entwicklungen die notwendigen langfristigen Unterstützungen. Das ist ganz im Sinne des Familienunternehmertums.
- Zahlreiche von Privatstiftungen getragene Unternehmen nutzen diese Möglichkeit, um ihre Wettbewerbsfähigkeit entsprechend dem Stiftungszweck durch innovative Lösungsansätze, welche eine nachhaltige Entwicklung adressieren, zu stärken.
- Bisweilen wird die Versorgung geschiedener Ehegatten oder Befriedigung von Ansprüchen anderer Familienmitglieder aus dem Familien- oder Erbrecht über die Errichtung einer Substiftung geregelt – zB anstelle von Unterhalts- oder Ausgleichszahlungen erfolgen Zuwendungen.
Ausschlaggebend gegen die Errichtung einer Privatstiftung können folgende Gründe und Motive sein:
- Mit der Errichtung einer Privatstiftung ist der Verlust persönlichen Eigentums verbunden – Stichwort Vermögensopfer.
- Nach § 15 Abs 2 Privatstiftungsgesetz (PSG) können ein Begünstigter, dessen Ehegatte sowie Personen, die mit dem Begünstigten in gerader Linie oder bis zum dritten Grad der Seitenlinie verwandt sind, nicht Mitglieder des Stiftungsvorstands sein. Ergänzt wird diese Regelung durch § 15 Abs 3 PSG, der den Kreis auf bestimmte Beteiligte (und deren Ehegatten bzw Verwandte) an juristischen Personen, die Begünstigte sind, ausdehnt. Die Wahrung der Objektivität des Stiftungsvorstands dient zusätzlich auch dem Schutz allfälliger Gläubiger und des sonstigen Rechtsverkehrs.
- Zu bedenken ist aber, dass weder der Gesetzgeber, noch die Unternehmerfamilien mit der Gründung der Privatstiftung das Familienunternehmertum beschränken oder gar beenden wollten. Die Eliminierung der Familienmitglieder der Stifterfamilie bei der operativen Umsetzung des Stifterwillens ist eine Sollbruchstelle zum Familienunternehmertum. Eigentum an Unternehmen ist nämlich mit Unternehmertum untrennbar verbunden. Dem Stiftungsvorstand obliegt eine bestimmte Kompetenz zur Leitung und Ausübung der Eigentümerrechte und damit auch zur Kontrolle über die nachgeordneten Unternehmen. Häufig sind Anwälte, Wirtschaftstreuhänder und Bankmanager Vorstände in Privatstiftungen, die wissen, dass sie fremdes Vermögen verwalten und daher risikoavers vorgehen.
- Wenn es aber primär um die Vermeidung von Haftungen geht und nicht mehr um Entscheidungen, die mutig und innovativ die Chance des Geschäftsmodells für die Zukunft stärken, dann sind Stiftungen in einer Sackgasse gelandet, die weder ihr, noch den nachgeordneten Unternehmen, noch unserer Gesellschaft guttun. Das haben die Unternehmer*innen erkannt, weshalb auch die Anzahl der Errichtungen von neuen Stiftungen in den letzten Jahren rückläufig ist. Damit ist in Österreich nicht nur die Gefahr gegeben, dass arbeitendes Vermögen in das Ausland abwandert, sondern auch die Chance verhindert, dass ausländisches, arbeitsplatzförderndes Vermögen nach Österreich kommt.
- Im Ergebnis ist festzuhalten: Die Privatstiftung erleichtert mit den konzern-und organisationsrechtlichen Vorgaben und den Inkompatibilitätsregelungen die Führung einer Familienunternehmensgruppe nicht. Bei der wichtigen Ausgestaltung und Besetzung verhindert sie aber auch nicht eine effiziente Führung der Familiengruppe.[5]
- Ein weiterer Grund ist die Versteinerung der Privatstiftung durch die restriktiven gesetzlichen Regelungen zur Änderung der Stiftungserklärung. Wenn bspw die Stiftungserklärung vorgibt, dass im Familienunternehmen für alle Zeiten nur mechanische Webstühle produziert werden dürfen und Investitionen in andere Geschäftsbereiche als Zukunftsfelder ausgeschlossen sind, ist das Ende des Unternehmens absehbar.
- Jeder weiß auch, dass weder das sture Festhalten am Webstuhl, noch die Rückkehr zum Webstuhl probate Mittel sind, um Herausforderungen wie den Klimawandel zu begegnen und nachhaltige Produktionsstätten und damit Arbeitsplätze am Wirtschaftsstandort Österreich zu halten. Die Elektrizität brachte vor vielen Jahren Verbesserungen und Wachstum dort, wo sie eingeleitet wurde. Entwicklungen sind heute nicht anders. Erneuerbare Energie aus bspw Wasserstoff und andere Umweltschutzlösungen wird es nur geben, wenn unsere Unternehmen ihre Innovationskraft in neue Felder einsetzen. Wenn Stiftungen aber nach einer für alle Zeiten nicht abänderbaren Stiftungserklärung verurteilt sind, in den nachgeordneten Unternehmen Webstühle herstellen zu lassen, wird unsere Volkswirtschaft wichtige Innovationskräfte verlieren. Damit ist aber einer Stiftung oft auch die Möglichkeit genommen, in innovative Startups zu investieren.
Inwiefern lässt sich eine Korrelation zwischen den angegeben Motiven und der Größe des der Stiftung nachgeordneten Unternehmens erkennen?
- Die Motive, die der Gründung einer Privatstiftung zugrunde liegen, sind verallgemeinerungsfähig: Zusammenhalt, dauerhafter Erhalt und Ausbau eines Unternehmens um wirtschaftliche Aktivitäten über ein Unternehmen bzw Beteiligungen an Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen. Dabei handelt es sich um mittelständische Unternehmen wie Großunternehmen, die ungeachtet ihrer Größe oft global tätig sind.
- Die Motive für die Errichtung einer Privatstiftung, der Unternehmensbeteiligungen gewidmet werden, hängen mit der Verbindung der Unternehmerfamilie, dem Familienunternehmen und dem Zweck der Privatstiftung zusammen. Die Erwartung ist, dass über die Privatstiftung als Unternehmensträgerin eine stabile Verankerung des Unternehmens gewährleistet ist und damit für Mitarbeiter*innen, aber auch Lieferanten-und Kundenbeziehungen Stabilität gesichert wird; zu dieser gehört auch die Versorgung der Familie.
- Die Familienprivatstiftung übernimmt häufig die Funktion einer stabilen Klammer zwischen der Unternehmerfamilie und dem Familienunternehmen.
- Auch haftungsrechtliche Überlegungen können gelegentlich Motiv für die Errichtung einer Privatstiftung sein.
- Eine Korrelation zwischen der Privatstiftung und der Größe nachgeordneter Unternehmen ist schwer festzumachen. Auch das Privatstiftungsgesetz bringt keine Vorgaben dazu.
Welche nichtgesetzlichen Mindestvoraussetzungen gibt es, die erfüllt sein sollten, damit eine Privatstiftung ein sinnvolles Instrument darstellt?
- Die Errichtung einer Privatstiftung erscheint nur dann sinnvoll, wenn die Stifter*innen klare Vorstellungen über den Zweck der Privatstiftung haben. Da eine Selbstzweckstiftung in Österreich verboten ist, heißt das, dass die Stifter*innen einen nach außen gerichteten Zweck definieren müssen. Dabei können auch unterschiedliche Zwecke zusammentreffen wie z.B. die Unterstützung der Ausbildung von Familienmitgliedern oder gemeinnützige Zwecke.
- Empfehlenswert ist die Gründung einer Stiftung erst ab einem Vermögen von rund 10 Millionen Euro.
Welche Ursachen führen zu einem erhöhten Konfliktpotenzial zwischen Stiftungsvorstand und Begünstigten im Gegensatz zu anderen Unternehmensstrukturen?
- Unklare Regelungen in der Stiftungserklärung über die Bestellung der Begünstigten und die ihnen zukommenden Zuwendungen sind häufig Gründe für Querelen.
- Die Aufgaben des Stiftungsvorstandes sollten klar definiert sein. Da der Stiftungsvorstand den Stiftungszweck zu vollziehen hat, soll auch dieser klar formuliert sein. Im Fall von Zustimmungsbefugnissen zu Maßnahmen des Stiftungsvorstands durch einen fakultativ eingesetzten Beirat braucht es zudem klare Regelungen zum Zustimmungsverfahren und der Willensbildung im Beirat.
- Die Bestellung des Stiftungsvorstands und seine Funktionsperiode (nach der Rechtsprechung gds mindestens drei Jahre) muss in der Urkunde glasklar geregelt sein, anderenfalls Probleme vorprogrammiert sind.
- Hilfreich ist auch ein Berichtswesen, das von allen anerkannt wird.
Wie bewerten Sie andere Konfliktkonstellationen (Stifter vs. Stifter, Begünstigte vs. Stifter, …) innerhalb einer Stiftung?
- Konflikte zwischen Stiftern*innen ergeben sich vor allem dann, wenn Stiftern*innen miteinander verheiratet sind und es zur Scheidung kommt. Wenn das Änderungsrecht alleine einem Ehepartner zukommt, sind Ausgrenzungen des anderen von den Entscheidungsprozessen und auch von der Begünstigtenstellung häufig zu beobachten und Gegenstand jahrelang ausgetragener Rechtsstreitigkeiten. Hierzu ist auf die Judikatur des OGH zu den Treuepflichten zwischen Stiftern*innen zu verweisen.
- Natürlich können auch Generationskonflikte im Rahmen von Stiftungen, insbesondere in fakultativ eingerichteten Gremien, ausgetragen werden, die auch in Verbindung zu Familienkonflikten zu beurteilen sind. Der Vorteil der Stiftung zeigt sich gerade darin, dass derartige Probleme auf dem Bestand des nachgeordneten Unternehmens nicht durchschlagen können. So gibt es Probleme zwischen mitstiftenden Eltern/einem Elternteil und begünstigten Nachkommen, aber vertretungsweise oft auch zwischen Stiftungsvorständen, die noch von den Stifter*innen bestellt wurden, und den Nachkommen als Begünstigten. Natürlich gibt es auch unter den Begünstigten Streitigkeiten, die einerseits Zuwendungen zum Inhalt haben und zum anderen Informationsrechte.
Welche Konstellation birgt Ihrer praktischen Erfahrung basierend das größte Konfliktpotenzial?
- Im Gegensatz zu Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung verfügt die Privatstiftung über ein eigenes Vermögen, aber keinen Eigentümer*innen oder Gesellschafter*innen. Privatstiftungen sind mitgliederlose Rechtsträger. Dies führt zu einem in unserem Rechtsempfinden noch ungewohntem Kontrollvakuum.
- Entscheidend für Erfolg und Misserfolg einer Privatstiftung sind klare Regelungen in der Stiftungserklärung und damit eine klar und effizient organisierte Struktur. Neben einer umfangreichen Dokumentation des Stiftungszwecks, klaren Regelungen zu den Begünstigten und zur Bestellung der Mitglieder des Stiftungsvorstands und eines Beirats ist die konkrete Auswahl der Mitglieder des Stiftungsvorstands von großer Bedeutung.
- Begünstigte sind zwar diejenigen, die wirtschaftlich von der Privatstiftung profitieren, durch das Privatstiftungsgesetz allerdings weitgehend von einem Einfluss auf diese ferngehalten werden. Eine Möglichkeit, einen gewissen (beschränkten) Einfluss der Begünstigten auf die Stiftung zu haben, besteht in der Etablierung eines Beirats, wobei an dieser Stelle die Grenzen zu beachten sind, die die Judikatur zum aufsichtsratsähnlichen und vorstandsähnlichen Beirat gezogen hat.
- Ein Konfliktpotenzial für den Stiftungsvorstand entsteht, wenn er zwischen Interessenskonflikten kommt die daraus entstehen, dass Leitungsfunktionen in Tochterunternehmen der Privatstiftung und die Beiratsfunktion in der Privatstiftung mit identen Familienmitgliedern besetzt sind. Allerdings kann gerade eine derartige Personenidentität ein gut funktionierendes Führung-und Kontrollinstrument sein.
Angenommen Sie sind eine Unternehmerin und Sie haben die Absicht eine Privatstiftung zu errichten. Ab welchem unternehmerischen Zeitpunkt würden Sie die Errichtung einer Privatstiftung in Erwägung ziehen? Worauf begründen Sie Ihre Entscheidung?
- Die Gründung einer Privatstiftung lässt sich mE an keinem konkreten unternehmerischen Entwicklungsstand festmachen. Allenfalls könnte man einen Zeitpunkt insofern konkretisieren, als dass der Zeitpunkt vor Übergabe des Unternehmens an die nächste Generation der spätmöglichste für manche Stifter*innen sein dürfte, um Nachfolgestreitigkeiten zu verhindern.
- Keinesfalls gegründet werden sollte eine Stiftung zu einem Zeitpunkt, zu welchem es bereits finanzielle Schwierigkeiten bei (potentiellen) Stifter*innen gibt. Zu verweisen ist dazu auf die Themenkreise des Anfechtungsrechts durch Gläubiger und durch Erben.
- Seit Jahren ermuntern Politik, Wirtschaftsverbände und Ökonomen junge Leute dazu, sich auf eigene Füße zu stellen und Startups ins Leben zu rufen. Dieses Vorhaben unterstützen Stiftungen durch Private-Equity entscheidend. In manchen Fällen werden Startups, die es in ein wirkliches Unternehmen schaffen, in Substiftungen organisiert.
- Eine Stiftung kommt aber nicht nur in Frage, wenn es um die Beteiligung an dem Familienunternehmen geht. Oft sind neue Unternehmensbeteiligungen Teil der Investitionsstrategie der Stiftung – welche sich freilich im Rahmen des Stiftungszwecks und der Anlagestrategie bewegen muss, weshalb es nicht immer einen zwingenden Zusammenhang zwischen Stiftung und Unternehmen gibt.
Wie hat sich die „Nachfrage“ bzw. das Interesse an Privatstiftungen, aufgrund der COVID-19 Krise, im Vergleich zu dem Jahr vor der Pandemie entwickelt?
- Angesichts der Tatsache, dass die COVID-19 Pandemie leider noch nicht vollständig ausgestanden ist und die Gründung einer Stiftung nicht nur wohl überlegt, sondern auch sorgfältig vorbereitet sein soll, lässt sich seriös zu diesem Zeitpunkt kein Datenmaterial dazu zitieren. Die COVID-19 Pandemie hat allerdings abermals gezeigt, dass gerade die Verschmelzung von Stiftungswesen und Unternehmertum nachhaltig, weil auf Stabilität und Langfristigkeit ausgelegt, ist und dementsprechend eine Perspektive aus der Krise bietet. Viele Ökonomen behaupten, dass wir uns aus der Krise „hinausinvestieren müssen“. Privatstiftungen sind daher ein guter Teil der Lösungen, die wir am Standort Österreich zur Bewältigung der COVID-19 Pandemie brauchen. In Krisen ist es entscheidend, dass arbeitendes Vermögen im Inland bleibt. Gerade in solchen Zeiten ist die Stabilität von Stiftungen ein wirkliches Asset einer Volkswirtschaft. Dazu kommt, dass Stiftungen, sofern die Stiftungserklärung es erlaubt, durch Private Equity notleidenden Unternehmen eine Überbrückungshilfe geben können.
Inwiefern haben globale als auch nationale Krisen einen Einfluss (sowohl positiv als auch negativ) auf österreichische Privatstiftungen?
- In einer global vernetzten Welt haben Krisen – manchmal mehr und manchmal weniger – einen Impakt auf österreichische Rechtsinstitutionen, wie bspw Privatstiftungen. Völlig klar wird das bei der Klimakrise. Paradigmenwechsel bei der Kreislaufwirtschaft sparen Privatstiftungen vor allem dann nicht aus, wenn sie Beteiligungen an privat geführten Unternehmen halten oder wenn sie gemeinnützige Zwecke verfolgen. Wenn Investitions- und Planungssicherheit stabilisierende Faktoren sind, sind Privatstiftungen wichtig in einer Volkswirtschaft und auch in der Gesellschaftspolitik.
- Wichtig ist, das gute Ansehen Österreichs zu erhalten und damit das Interesse ausländischer Investoren, in Österreich eine Stiftung zu errichten. Krisen sind Anlass dafür, dass oftmals unterschätzte oder verkannte Potentiale der österreichischen Privatstiftung als stabiler und zukunftsfester Rechtsträger zu erkennen. Das gilt für den Klimaschutz, wie für die Wirtschaftspolitik.
Welche konkreten Wünsche bzw. Anregungen an die österreichische Gesetzgebung haben Sie, um die Institution Privatstiftung (noch) attraktiver bzw. wettbewerbsfähiger gegenüber ausländischen Institutionen zu machen?
Zum Stiftungsrecht ist dazu anzumerken:
- Um im Rahmen einer Novelle für die Erhaltung und Steigerung der Attraktivität der österreichischen Privatstiftung zu sorgen, ist es wichtig, Privatstiftungen als Teil der Standortpolitik zu sehen, ihre Vorteile für unsere Gesellschaft und Volkswirtschaft zu erkennen und aus diesem Blickwinkel Reformen zu beurteilen und umzusetzen.
- Dazu gehören Überlegungen, die “Versteinerung” von Stiftungen aufzuweichen, da mit dem derzeitig geltenden Erlöschen des Änderungsrechts mit Tod der Stifter*innen die Stiftung oft gelähmt wird und auf Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft nicht mehr adäquat reagieren kann. Zur Begegnung der Versteinerung soll die Privatstiftung flexibel bleiben.
- Häufig geäußert ist der Wunsch, dass die Figur des aufsichtsratsähnlichen Beirats durch eine einfache Klarstellung im Gesetz auszuschließen. Klarzustellen wäre, dass ein organmäßig strukturierter Beirat unabhängig von dessen Kompetenzen auch ausschließlich mit Begünstigen besetzt werden kann und dass die Besetzungsregeln für den Aufsichtsrat nicht anzuwenden sind.
- Zur Verhinderung risikoaversen Verhaltens braucht es klare Regelungen über die Haftung des Stiftungsvorstands sowie auch die Möglichkeit einer haftungsbefreienden Entlastung desselben.
- Es sollten alle Verfahren einheitlich in die Zuständigkeit der zur Gerichtsbarkeit in Handelssachen berufenen Gerichtshöfe erster Instanz fallen.
- Die Umwandlung einer Privatstiftung in eine Kapitalgesellschaft ist ein oft geäußerter Wunsch.
Aus der Perspektive des Steuerrechts ist dazu auszuführen:
- Gewünscht wird, dass die Errichtung von Substiftungen erleichtert werden, damit sinnvolle Reorganisationen von Privatstiftungen ohne Steuerabrieb möglich sind. Gerade die Errichtung von Substiftungen eröffnet die Möglichkeit, organisatorische Trennungen des Stiftungsvermögens umzusetzen, bspw um Familienstämme, die sich entfremdet haben, organisatorisch zu trennen. Damit kann das (Familien)Unternehmertum bei unterschiedlicher Risikofreudigkeit einzelner Familienstämme wesentlich unterstützt werden, da ohne Trennung meist Veranlagungen nur mit geringem Risiko zugelassen werden.
- Die Beseitigung des sog „Mausefalleneffekts“ ist ein häufig geäußerter Wunsch.
- Die Möglichkeit des Abzuges der Stiftungseingangswerte könnte für Alt- als auch für Neuvermögen nicht nur für den Widerruf, sondern auch für sämtliche andere Stiftungsauflösungen gewährt werden.
- Als angrenzende Materie ist zudem eine Änderung im Wirtschaftlichen Eigentümer Registergesetz (WieREG) gewünscht. Durch Änderungen im Jahr 2020 besteht nunmehr öffentlicher Zugang zu Auszügen des Registers, welchem verpflichtend Daten zu den wirtschaftlichen Eigentümern ua von Privatstiftungen zu melden sind. Über Antrag kann die Einschränkung der Einsicht verfügt werden; die Gründe dafür sind zu restriktiv geregelt.
Wien/Graz, im Oktober 2021
Dr.in Cattina Leitner, LL.M.
Präsidentin des Österreichischen Stiftungsverbands
[1] Vgl. R. Wimmer/Domayer/Oswald/Vater, Familienunternehmen-Auslaufmodell oder Erfolgstyp³ (2017) 9.
[2] Weishaupt, radikal anders-ideeller Art erfolgreicher Familienunternehmen (2015) 25.
[3] RV PSG 1132 BlgNr XVIII. GP
[4] Frau Dr.in Leitner ist eine gebürtige Grazerin, hat an der Karl-Franzens-Universität Rechtswissenschaften studiert und ihre berufliche Laufbahn in der Österreichischen Bundesjustiz im Sprengel des OLG Graz begonnen; seit 2015 ist sie als Richterin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz karenziert. Seit 2019 ist Leitner als Rechtsanwältin in Wien in den Rechtsbereichen Stiftungen, Vermögensplanung, Arbeits- und Gesellschaftsrecht mit Schwerpunkt Familienunternehmen und Erbrecht tätig. Selbst Stifterin, ist Leitner seit 2019 Mitglied des Vorstandes und Präsidentin des „Österreichischen Stiftungsverbands“.
[5] Vgl Kalss/Probst, Familienunternehmen, RZ 8/66.