Update zur Causa Signa iZm dem PSG

Sehr geehrte Mitglieder des ÖStV,

wir möchten Sie heute über eine wichtige Entwicklung für Privatstiftungen iZm mit der Causa Signa informieren.

Durch die Insolvenzen in der Signa-Gruppe werden stiftungsspezifische Fragestellungen angestoßen, die mit der aktuellen Debatte jedoch rein gar nichts zu tun haben. Dabei wurde die Forderung erhoben, Privatstiftungen sollten in Zukunft verpflichtet werden, ihre Jahresabschlüsse im Firmenbuch zu veröffentlichen. Das sei für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für den Wirtschaftsstandort wichtig, weil damit Umgehungskonstruktionen und Bilanzverschleierungen nachgeprüft und verhindert werden könnten.

Der ÖStV hat auf die offensichtlich fehlende Differenzierung zwischen Unternehmensträgerstiftung und deren (Beteiligungs)Unternehmen prompt in einer ausführlichen Stellungnahme an Frau BM Dr.in Alma Zadic, LL.M., und die Wirtschafts- und Justizsprecher aller politischen Parlamentsfraktionen reagiert und seine Stimme für die Bewahrung der seit 30 Jahren unveränderten bestehenden Regelung der Rechnungslegung von Privatstiftungen erhoben.

Gerne fassen wir für Sie, geschätzte Mitglieder, die wesentlichen Punkte aus diesem Informationsschreiben im Nachstehenden zusammen:

 

Volle Publizität

Nicht nur in Fachkreisen ist bekannt , dass die österreichische Privatstiftung als Rechtsträger im Firmenbuch eingetragen und daher auch mit einfachem Computerclick einschließlich der maßgeblichen Informationen auffindbar ist. Völlig anders ist dies etwa in Liechtenstein und in Deutschland, wo erst 2026 ein eigenes Register kommen soll.

Auch ist das unternehmerische Vermögen von Privatstiftungen, dh alle Beteiligungen an Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften, GmbHs einschließlich relevanter GmbH & Co KGs, im allgemein öffentlich zugänglichen Firmenbuch für jede interessierte Person ohne jeden Nachweis jederzeit und von überall durch einfache Klicks am Computer einsehbar. Dies ist eine herausragende Leistung der österreichischen Justiz und ein echter Standortvorteil, um den wir in Europa beneidet werden.

Stiftungen sind auch vom gesetzlich normierten Register der wirtschaftlichen Eigentümer umfasst und somit verpflichtet, die geforderten Daten aktualisiert zu halten.

Das Liegenschaftsvermögen von Privatstiftungen ist im Grundbuch publik gemacht und für jede interessierte Person einsehbar.

Selbstredend sind Privatstiftungen zur vollen Offenlegung gegenüber Abgabenbehörden verpflichtet.

 

Privatstiftungen verwalten privates Vermögen

Aktuell verwalten knapp 3000 Privatstiftungen (Tendenz sinkend) als juristische Personen offengelegtes unternehmerisches Beteiligungsvermögen und daneben auch privates Vermögen wie etwa Kunst oder Wertpapiere. Auch keine private natürliche Person muss ihr privates Vermögen offenlegen. Es besteht eben weder bei der Privatstiftung noch bei natürlichen Personen ein anerkennenswertes öffentliches Offenlegungsinteresse.

 

Wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Privatstiftungen – kein Informationsdefizit

Typischerweise hat eine österreichische Privatstiftung keine oder nur ganz wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Uns sind nur eine Handvoll Privatstiftungen bekannt, die mehr als eine Handvoll Angestellte haben.

Sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten hingegen in Unternehmen, die von einer Privatstiftung gehalten werden. Unbestreitbar haben diese ein berechtigtes Interesse, sich über wirtschaftliche Daten ihrer Dienstgeber und Dienstgeberinnen informieren zu können, um Einblicke in die finanzielle Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten – wie auch Investorinnen und Investoren, Gläubigerinnen und Gläubiger, Kundinnen und Kunden und andere Interessengruppen.

Nach unserem Wissensstand sind dies ca. 350.000 Personen. Sie sind aber nicht in den Privatstiftungen beschäftigt, sondern in deren Tochter- und sonstigen Beteiligungsgesellschaften. Dort haben sie alle Informationen, die ihnen das GmbH-Recht, das Recht der neuen FlexCo, das AktG, das UGB und schließlich das ArbeitsverfassungsG gewährt.

 

Unbegründete Forderung nach Offenlegung des Jahresabschlusses der Privatstiftung – kein Bedarf und kein Informationsgewinn

Nicht die Privatstiftungen sind die Dienstgeberinnen und treten im Gegensatz zu Unternehmen auch nicht am „Markt“ (als Unternehmer) auf. Die Idee der Offenlegung des Jahresabschlusses der Privatstiftung dient weder der Verhinderung von zu verurteilenden Umgehungskonstruktionen und Bilanzverschleierungen, noch ist sie geeignet, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die gewünschten Informationen zu liefern. Auch findet eine Offenlegung in der Gesetzessystematik aus guten Gründen keine Grundlage.

Die Regelungen zum Jahresabschluss der Privatstiftungen im § 18 PSG, die ausdrücklich nicht auf die Bestimmungen zur Offenlegung (§§ 277 ff UGB) verweisen, sind mit dem PSG am 1.9.1993 in Kraft getreten, nachdem die in der Regierung Vranitzky ausgearbeitete Regierungsvorlage im Justizausschuss beraten und im Nationalrat mit Zustimmung aller Parlamentsparteien beschlossen worden war. Der Gesetzgeber, dem es um die Förderung des soliden Wirtschaftsstandortes Österreich ging, hat von der Gelegenheit, eine Offenlegung verpflichtend vorzusehen, mit Bedacht keinen Gebrauch gemacht. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass Privatstiftungen nicht Unternehmen gleichzusetzen sind: Privatstiftungen dürfen von Gesetzes wegen grundsätzlich keine unternehmerischen Tätigkeiten entfalten (§ 1 Abs 2 PSG), beschäftigen kaum Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sind nicht durch Lieferanten- oder Kundenbeziehungen gekennzeichnet. Obwohl es sich gem Art X PSG um dynamische Verweise handelt und die Bestimmungen des UGB zur Konzernrechnungslegung seit 1993 mehrfache Novellierungen erfuhren, wurden die Bestimmungen und Verweise des § 18 daher auch seit dem Jahr 1993 bisher nie novelliert.[1] Die nicht sinnvolle, nicht erforderliche und aus guten Gründen bisher gesetzlich nicht vorgesehene Offenlegung von Stiftungsvermögen nunmehr nachträglich einzuführen würde das Vertrauen in unsere Rechtsordnung erschüttern und dem Stiftungs- und Wirtschaftsstandort und zugleich Lebensort Österreich massiv schaden.

Auch in Deutschland besteht derzeit grundsätzlich keine Pflicht zur Offenlegung von Jahresabschlüssen für vergleichbare Stiftungen; diese Pflicht besteht auch nicht in Liechtenstein und in der Schweiz.

Das schutzwürdige Informationsinteresse verfängt sich im gesetzlichen System der Veröffentlichung der nach eindeutigen und einheitlichen Kriterien zu errichtenden Jahres- und Konzernabschlüssen der Unternehmen, an denen Privatstiftungen beteiligt sind – und nicht in der Privatstiftung. Es ist völlig richtig, dass die Durchsetzung der Offenlegung von Jahresabschlüssen nach dem UGB effektiver gestaltet werden soll. Eine Initiative des BMJ wäre in diesem Zusammenhang jedenfalls wünschenswert.

 

Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte der Privatstiftung

Hinsichtlich der Konzernabschlüsse der Privatstiftung hat der OGH bereits im Jahr 2005 in seinem Judikat vom 1.12.2005, 6 Ob 254/05 d, festgehalten, dass eine Privatstiftung nicht dazu „missbraucht“ werden darf, um die Offenlegung eines Konzernabschlusses einer Unternehmensgruppe, die mehrheitlich oder zur Gänze im Eigentum einer Privatstiftung steht, hintanzuhalten. In so einem Fall muss eine Holding-Tochtergesellschaft einen Konzernabschluss erstellen und offenlegen, da die Befreiungsbestimmung nach § 245 Abs 2 Z 5 UGB nicht greifen, da der Konzernabschluss der Stiftung selbst eben nicht offenzulegen ist. Somit ist aber auch sichergestellt, dass von Privatstiftungen kontrollierte Konzerne ihre Unternehmenszahlen offenlegen müssen, um den Informationsbedürfnissen der Öffentlichkeit nachzukommen.

 

Privatstiftungen verwalten privates Vermögen

Aktuell verwalten knapp 3000 Privatstiftungen (Tendenz sinkend) als juristische Personen offengelegtes unternehmerisches Beteiligungsvermögen und daneben auch privates Vermögen wie etwa Kunst oder Wertpapiere. Auch keine private natürliche Person muss ihr privates Vermögen offenlegen. Es besteht eben weder bei der Privatstiftung noch bei natürlichen Personen ein anerkennenswertes öffentliches Offenlegungsinteresse.

Nachdem eine Privatstiftung vom Gesetzgeber im PSG systemisch einer Privatperson gleichgestellt wurde und daher eine Offenlegungspflicht aus gutem Grund nicht vorgesehen ist, wäre jede Änderung der diesbezüglichen Vorschriften ein kompletter Systemwechsel.

 

Allgemeine Verbesserung der Offenlegung ist voll und ganz zu unterstützen

Ein schutzwürdiges Informationsinteresse verfängt sich im gesetzlichen System der Veröffentlichung der nach eindeutigen und einheitlichen Kriterien zu errichtenden Jahres- und Konzernabschlüssen der Unternehmen, an denen Privatstiftungen beteiligt sind – und nicht in der Privatstiftung. Richtig ist, dass die Durchsetzung der Offenlegung von Jahresabschlüssen nach dem UGB effektiver gestaltet werden soll. Eine Initiative des BMJ wäre in diesem Zusammenhang jedenfalls wünschenswert. Nichts anderes gilt für die Aufstellung und Offenlegung von Konzernabschlüssen.

Aber beides hat nichts mit der Privatstiftung zu tun, sondern ist eine allgemeine Frage des UGB, zumal die Privatstiftung – wie schon ausgeführt – seit 30 Jahren eben nicht die unternehmerische Tätigkeit ausführen darf. Und bei den Beteiligungsunternehmen einer Privatstiftung ist der Mechanismus zur Überprüfung von Eigentumsrechten und zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen gesetzlich vorgesehen. Denn selbstverständlich müssen diese (Familien)Unternehmen – wie schon oben betont – via Firmenbuch in ihren Jahresabschlüssen offen über ihre finanzielle Lage berichten und den Interessen der Stakeholder gerecht werden. Und selbstverständlich ist der Verstoß gegen diese gesetzlichen Offenlegungs- und Veröffentlichungsvorschriften zu ahnden.

Privatstiftungen sind wesentliche, stabile und auf Kontinuität ausgerichtete Unternehmenseigner – und nicht selbst Unternehmen. Die vielen gelungenen Unternehmensträgerstiftungen sind der in Österreich verankerte Rahmen, in dem viele wertvolle (Familien)Unternehmen rund 350.000 Arbeitsplätze, aber auch herausragende Forschungs- und Entwicklungsleistungen über Generationen hinweg sichern bzw. fortführen. Gerade in Zeiten großer wirtschaftlicher Herausforderungen sind es zahlreiche dieser vielen (Familien)Unternehmen unterhalb von Privatstiftungen, die mit Stetigkeit und Standfestigkeit nachhaltigen Fortschritt und Innovation bewerkstelligen. Es lohnt sich daher, den Eigentümerrahmen stabil zu halten und das Vertrauen in unsere Rechtsordnung nicht durch anlassbezogene Gesetzgebung zu beschädigen.

 

Aber zweifelsohne besteht ein aktueller rechtspolitischer Reformbedarf

Die erfolgreich etablierte Rechtsform der Privatstiftung muss durch andere, wenige Maßnahmen, nämlich Sicherung der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit durch Stärkung der Kontrollmöglichkeit eines Beirats und Änderungsmöglichkeit der Stiftungserklärung nachhaltig gesichert werden. Dafür sind die Mitwirkungsrechte der Stifterfamilie im Beirat zu stärken und das Änderungsrecht gezielt zu flexibilisieren.

Der ÖStV hat dazu bereits ein nach den legistischen Grundsätzen der Adäquanz, Praktikabilität, Responsivität und des Vertrauens ausgearbeiteter moderater Reformvorschlag zum PSG unterbreitet, der gerade einmal drei Bestimmungen im PSG betrifft und keine steuerrechtlichen „Nebengeräusche“ auslöst. Hier rasch zu handeln ist die dringende Empfehlung des ÖStV.

 

Die Causa Signa und das PSG

Nach den öffentlich verbreiteten Informationen lässt sich sagen:

Die Causa Signa ist ein Fall des österreichischen Konkursrechts und insolvenznahen Anfechtungsrechts, des österreichischen Kapitalgesellschaftsrechts und des Bilanzrechts nach dem UGB.

Der Umstand, dass eine oder mehrere Privatstiftungen Gesellschafter der insolventen Gesellschaften sind, ist nicht entscheidungserheblich.

Die Causa Signa ist kein Fall des Privatstiftungsrechts und kein Anlassfall für neue Offenlegungsregelungen im PSG.

Wir werden Sie weiterhin über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten und stehen Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügung.

 

Herzlichst,

Ihre

Cattina Leitner

[1] Gold-Tajalli/Proksch, Überlegungen zur Sinnhaftigkeit eines Konzernabschlusses und Konzernlageberichts von Privatstiftungen (Reiter, RWZ 2016/58, S. 257), ÖStZ 2016/723.