Gemeinnütziges Stiften – Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023

Mit dem am 1.1.2024 in Kraft getretenen Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023 (GemRefG 2023) wurde neben der steuerlichen Spendenbegünstigung gem § 4a EStG auch die steuerbegünstigte Errichtung spendenbegünstigter Stiftungen gem § 4b EStG reformiert. Die Reform zielt damit auch auf die Förderung von Neugründungen gemeinnütziger Stiftungen ab.

Unser Vorstandsmitglied, WP Dr. Berndt Zinnöcker (BDO) hat dazu  einen interessanten Beitrag verfasst, welchen wir Ihnen hiermit zur Verfügung stellen dürfen.

Reform der Spendenbegünstigung
Bislang konnten gemeinnützige Stiftungen nur dann beim Finanzamt einen Antrag auf Spendenbegünstigung stellen, wenn diese primär mildtätigen Zwecken bzw. Zwecken des Umweltschutzes, der Kunst- und Kultur oder der Forschung und Lehre an Hochschulen dienten. Kunst und Kultureinrichtungen mussten zudem Empfänger von öffentlichen Fördermitteln sein, die in der Transparenzdatenbank des Bundes eingetragen waren.

Ein erstmaliger Antrag auf Spendenbegünstigung konnte bisher frühestens drei Jahre nach Gründung der gemeinnützigen Organisation (Stiftung) beim Finanzamt gestellt werden. Mit dem GemRefG 2023 wurde die Frist deutlich verkürzt. Ein erstmaliger Antrag auf Spendenbegünstigung ist jetzt bereits im ersten Jahr nach der Gründung möglich.

Durch die Ausweitung der Spendenbegünstigung auf alle gemeinnützigen Zwecke besteht jetzt für alle gemeinnützigen Stiftungen die Möglichkeit, einen Antrag auf Spendenbegünstigung stellen. Durch die Reform können insbesondere gemeinnützige Stiftungen mit den Zwecken der Schul- und Erwachsenenbildung, der Elementarpädagogik, der Förderung der Kunst und Kultur sowie des Tierschutzes spendenbegünstigt werden.

Für die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden bei Spender:innen ist Voraussetzung, dass die gemeinnützige Stiftung beim Finanzamt einen Antrag auf Spendenbegünstigung gestellt hat und zum Zeitpunkt der Spende in der Liste begünstigter Einrichtungen (für Spenden und Kirchenbeiträge) auf der Website des BMF aufscheint (BMF – Liste spendenbegünstigter Einrichtungen).

Für Spender:innen, aber auch für Stifter:innen eröffnet sich durch die Spendenabsetzbarkeit nicht nur die Chance, das eigene soziale Engagement zu stärken, sondern auch steuerliche Vorteile zu nutzen. Dadurch kann die Spendenbegünstigung einer gemeinnützigen Stiftung als attraktives Fundraisinginstrument eingesetzt werden.

Vermögensstockzuwendung an spendenbegünstigte Stiftungen
Eine Zuwendung zur ertragbringenden Vermögensausstattung liegt vor, wenn die Zuwendung freigebig erfolgt und nicht zur zeitnahen Verwendung der zugewendeten Mittel für den begünstigten Zweck der Stiftung bestimmt ist. Die Zuwendung zur ertragbringenden Vermögensausstattung dient daher primär der Kapitalausstattung der Stiftung und ist deshalb ertragbringend zu veranlagen. Außerdem unterliegt sie einer Verwendungssperre.

Seit 2016 können Zuwendungen zum Zweck der ertragbringenden Vermögensausstattung an gemeinnützige spendenbegünstigte Stiftungen bei dem:der Stifter:in als Betriebs- bzw. beziehungsweise Sonderausgabe steuerlich abgesetzt werden (§ 4b EStG). Dadurch kommt es bei dem:der Stifter:in zu einer Minderung der Steuerbemessungsgrundlage, was zu dem Effekt einer Steuerersparnis führt.

Bei dem:der Stifter:in war jedoch die steuerlich abzugsfähige Zuwendung auf 10% des jährlichen Gewinns bzw. des Gesamtbetrages der Einkünfte begrenzt. Zudem konnte der:die Stifter:in innerhalb eines Zuwendungszeitraums von fünf Jahren in Summe höchstens EUR 500.000 als Betriebs- bzw. Sonderausgabe steuerlich geltend machen. In der Praxis musste der Zuwendungsdeckel von EUR 500.000 für die Vermögensausstattung einer Stiftung häufig überschritten werden, um der Stiftung die Aufnahme ihrer gemeinnützigen Tätigkeit überhaupt erst zu ermöglichen. Der überschreitende Betrag konnte von dem:der Stifter:in aber nicht steuerlich verwertet werden.

Zudem war die Regelung des § 4b EstG mit der erstmaligen Einführung 2016 zeitlich auf fünf Jahre befristet und führte somit in der Praxis bei potenziellen Stifter:innen zu einer großen rechtlichen Unsicherheit. Dies führte dazu, dass das Ziel der Förderung von Neugründungen gemeinnütziger Stiftungen verfehlt wurde, wenngleich die zeitliche Befristung der Regelungen des § 4b EStG mehrmals vom Gesetzgeber verlängert wurde.

Mit dem GemRefG 2023 wurde die Regelung des § 4b EStG in Dauerrecht überführt und inhaltlich sowohl für den:die Stifter:in als auch für die Stiftung flexibler und attraktiver gestaltet.

Reform der Vermögensstockzuwendung an spendenbegünstigte Stiftungen
Für den:die Stifter:in entfällt mit der Reform die Deckelung der Zuwendung bei EUR 500.000. Seit 1.1.2024 können Stifter:innen Zuwendungen zur Vermögensausstattung an (potenziell) spendenbegünstigte Stiftungen in Höhe von bis zu 10 % des Gewinnes bzw. des Gesamtbetrages der Einkünfte als Betriebs- bzw. Sonderausgabe steuerlich geltend machen. Übersteigen die Zuwendungen die 10% Grenze, kann der:die Stifter:in den übersteigenden Zuwendungsbetrag innerhalb der nächsten neun Jahre unter Berücksichtigung der jährlichen 10% Grenze steuerlich vortragen und absetzen. Dadurch kann einerseits eine Stiftung sofort mit einem hohen Zuwendungsbetrag ausgestattet werden, was eine rasche Aufnahme ihrer gemeinnützigen Tätigkeit ermöglicht. Der:die Stifter:in hat andererseits die Rechtssicherheit, die Zuwendungsbeträge in den nächsten neun Jahren steuerlich verwerten zu können.

Reform der Mittelverwendung
Mit dem GemRefG wurde auch die Mittelverwendung durch die Stiftung wesentlich erleichtert. Eine Verwendung der zugewendeten Vermögenswerte für gemeinnützige Zwecke war der Stiftung bisher frühestens nach Ablauf des zweitfolgenden Kalenderjahres nach der Zuwendung möglich. Diese Regelung hatte die Sicherstellung einer langfristigen Kapitalausstattung zum Ziel, was aber dazu führte, dass vielen Stiftungen das Geld fehlte, um im geplanten Ausmaß operativ tätig werden zu können.

Mit der Reform dürfen bereits in den ersten zwei Jahren nach Zuwendung bis zu maximal 50% der zugewendeten Vermögenswerte für die begünstigten Zwecke verwendet werden. Dadurch können Stiftungen gleich nach Gründung operativ tätig werden. Außerdem ist gesichert, dass der Stiftung genügend Kapital für eine ertragbringende Veranlagung verbleibt.

Reform der zeitnahen Mittelverwendung
Bisher mussten Erträge aus der Veranlagung der Vermögensstockzuwendung spätestens nach drei Jahren für den begünstigten Zweck verwendet werden. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass die Erträge zeitnah für den begünstigten Zweck eingesetzt werden und nicht dauerhaft in der Stiftung gespart werden.

Die Praxis hat aber gezeigt, dass in manchen Fällen, z.B. im Forschungsbereich, zu Beginn der Aufbau eines erheblichen Kapitalbestands erforderlich ist, um später ausreichende Mittel für eine effiziente Zweckverwirklichung zur Verfügung zu haben.

Daher wurde mit der Reform der Zeitraum für die Verwendung der Erträge aus der Veranlagung der Vermögensstockzuwendung auf sieben Jahre verlängert. In den ersten fünf Jahren nach der Gründung ist auch die Einstellung der jährlichen Veranlagungserträge von maximal 80 % in eine Rücklage, die einer zeitnahe Mittelverwendung entspricht, möglich. Ab dem siebten Jahr nach der Gründung dürfen maximal 50 % in eine Rücklage eingestellt werden, ohne dass dies eine Verletzung der Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung wäre.

Fazit
Seit 1.1.2024 steht allen gemeinnützigen Stiftungen die Möglichkeit zur Beantragung der steuerlichen Spendenbegünstigung offen. Die Spendenbegünstigung stellt für gemeinnützige Stiftungen ein wichtiges Fundraisinginstrument dar, um potenzielle Spender:innen zu erreichen. Ein einmaliger Antrag auf Spendenbegünstigung kann bereits im ersten Jahr nach Gründung einer gemeinnützigen Stiftung gestellt werden. Durch die Reform des § 4b EStG wurde gemeinnütziges Stiften für Stifter:innen steuerlich deutlich attraktiver gestaltet und bringt auch für gemeinnützige Stiftungen mehr Flexibilität und eine raschere Verwendung des zugewendeten Vermögens für den gemeinnützigen Zweck.