Der ÖStV hat in mehreren Veranstaltungen die zur Bekämpfung der Geldwäsche erlassenen 4./5. EU-Geldwäsche-Richtlinien behandelt und dabei die Diskussion des Grundrechtsschutzes mit großer Verve angeführt. Nun hat der EuGH in seiner Vorabentscheidung vom 22.11.2022 Recht gesprochen.
Zur Erinnerung: Die 4. EU-Geldwäscherichtlinie (EU) 2015/849 hat das Register der wirtschaftlich Berechtigten geschaffen. Nach Artikel 30 Absatz 5 der Richtlinie aus 2015 müssen „alle Personen oder Organisationen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können“ Einsicht in dieses Register haben. Der Gedanke dahinter: Transparenz und Zurechenbarkeit sollen dem diskreten Geldwäschegewerbe den Boden entziehen. Nach dem österreichsichen Umsetzungsakt unterliegen auch Privatstiftungen der Meldepflicht und öffentlichen Einsicht.
Auch das Großherzogtum Luxemburg hat die Geldwäscherichtlinie ins nationale Recht umgesetzt, dabei ein Register der wirtschaftlich Berechtigten (Registre des bénéficiaires effectifs) geschaffen und allen eine kostenlose Einsicht in die in das Register aufgenommenen Daten via Internet ermöglicht (siehe Artikel 7 Abs 1 großherzoglichen Verordnung vom 15. Februar 2019). Über Antrag kann beim Verwalter des Registers der Zugang zu solchen Informationen in bestimmten Fällen beschränkt werden. Weil ihr Antrag auf Beschränkung des öffentlichen Zugangs abgelehnt wurde, reichte eine luxemburgische Gesellschaft in Luxemburg Klage ein.
In der insbesondere für Stiftungen sehr zu begrüßenden Entscheidung im Vorabentscheidungsverfahren hielt der EuGH nun fest, dass in Abwägung zwischen den Interessen der Öffentlichkeit an der Verhinderung von Geldwäsche einerseits, und den kriminellen Interessen der wirtschaftlich Berechtigten andererseits der öffentliche Registerzugang einen schwerwiegenden, unverhältnismäßigen Eingriff in die garantierten Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten darstelle. Unmissverständlich richtet der EuGH allen EU-Mitgliedsstaaten aus, dass für die Verhinderung der Geldwäsche eine öffentliche Information nicht zwingend sei, sondern es nur darauf ankomme, dass die zuständigen Behörden Kenntnis haben.
Dazu verfügte der EuGH die Aufhebung des Art 30 Abs 5 (idF der 5. Geldwäscherichtlinie).
Damit fällt (auch) in Österreich die europarechtliche Grundlage für die „Öffentliche Einsicht“ weg, womit § 10 WiEReG nicht mehr angewendet werden darf. Dh, es kann aktuell im elektronischen Wege nicht mehr von jedermann ein mit einer Amtssignatur der Registerbehörde versehener öffentlicher Auszug aus dem Register angefordert werden. Prompt wurde von der zuständigen Behörde die „Öffentliche Einsicht“ nach Veröffentlichung des Urteils des EuGHs offline genommen. Eine öffentliche Einsichtnahme ist damit in Österreich aktuell nicht mehr möglich.
Es bleibt jedoch abzuwarten, wie der österreichische Gesetzgeber auf das Urteil reagiert. Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie gerne auf dem Laufenden halten, da ja bekanntermaßen besonders Stiftungen, Stifter:innen und häufig deren Familienmitglieder weiterhin von dieser Materie betroffen sein werden.